Heinrich Seidel: Glockenspiel

II. NACHDENKLICHES UND BESCHAULICHES 

NACH DEM GEWITTER.

Friede. Friede!
Golden versank die Sonne
Im rosigen Wolkenmeer. -
Hinter den Bergen,
Fern und ferner
Verhallt der Donner.
Röthlich glimmen
Die Häupter der Berge,
Doch im Thale schon
Sinken die Schatten.
So nach des Lebens
Streben und Ringen -
Wenn meine Stunde naht -
Möchte ich scheiden.
Wie dieser Tag -
Friedfertig -
Nach dem Zucken der Blitze
Und dem Rollen des Donners,
In den süssen Frieden der Nacht.

Tiefer und tiefer
Schwindet das Roth.
Es dunkeln die Berge -
Aus den schwarzen Tannenzacken
Steigt der Mond hervor
Ueber die träumende Welt.
Friede, Friede!